Josef Staffler, der Seilbahn Erfinder

Menschen

La Storia della Funivia — Kohlerer Bahn / Funivia del Colle


Josef Staffler, der als Sohn eines Gastwirts am 17. März 1846 in der Pfarre Lengmoos geboren wurde, war schon als junger Mann recht unternehmungslustig. Mit 22 wurde er Schankpächter in Gries, heiratete und übernahm mit knapp 30 die damals florierende Bahnhofsgaststätte in Wörgl.

Die neuen Möglichkeiten der Eisenbahn hatten es ihm angetan und so kehrte er Anfang der 1880er-Jahre nach Bozen zurück, um auch hier die Bahnhofsgaststätte zu führen. Er leitete den Betrieb mit derartigem Geschick, dass bald nicht nur Fahrgäste, sondern auch Bozner Bürger den kleinen Spaziergang zum noch immer außerhalb der Stadt gelegenen Bahnhof unternahmen, um vor allem abends bei ihm zu speisen. Nach wenigen Jahren konnte er bereits den Gasthof "Zum Riesen" erwerben, 1899 kaufte Staffler den Uhlenhof" in Bauernkohlern mit den dazugehörigen Wiesen und Wäldern, einer Kapelle und einem Herrenhaus in herrlichster Aussichtslage über dem Bozner Talkessel. Er ließ das Herrenhaus in einen Höhengasthof umbauen und war jetzt für Gäste gerüstet. Doch wie sollten diese die 900 Höhenmeter bewältigen? Zur Wahl standen: ein zweistündiger Fußmarsch oder ein ebenso anstrengender Transport auf holprigem Karrenweg. Den Ausbau des Karrenweges schloss Staffler gleich als zu kostspielig aus. Was ihm vorschwebte, war eine elektrische Seilbahn. Bereits im Jahr 1900 ließ er sich in Budapest von Rössemann & Kühnemann ein Projekt ausarbeiten. Es handelte sich um eine einseilige Förderbahn mit 30 Eisenständern und je sechs hinauf- und hinunterfahrenden Coupés.

Die "approximative Offerte" bezifferte die Kosten auf 170.000 Kronen. Das Projekt wurde fallengelassen, doch schon ein Jahr später ließ Staffler ein neues Projekt erstellen, diesmal für eine Standseilbahn. Den Auftrag dazu erhielt die Schweizer Firma Theodor Bell & Cie.

Bei der Planung gab es einen offenen Interessenkonflikt mit den Gastwirten am Virgl, die befürchteten, ins Abseits zu geraten, wenn eine Bahn an ihnen vorbei nach Kohlern führte. Zudem drohten die Kosten beim Bau einer Virgl-Zwischenstation weiter zu explodieren. Mit 300.000 Kronen für die Standseilbahn lagen sie ohnehin schon außerhalb der finanziellen Möglichkeiten Stafflers. Jetzt wandte sich der unternehmungslustige Gastwirt dem Plan eines elektrisch betriebenen "Drahtseilaufzugs" zu. Die Kosten betrugen nur ein Drittel einer Standseilbahn, die Technik war vorhanden, auch die elektrische Energie aus dem nahe gelegenen Kraftwerk in Kardaun. Nur das k. k. Eisenbahnministerium spielte nicht mit.

"Im Hinblick auf das nicht Vorhandensein eines Gleises am Boden" sei die Bahn im technischen Sinne keine Eisenbahn und falle damit auch nicht in den Zuständigkeitsbereich des Eisenbahnministeriums, hieß es dazu in Wien. Immerhin erhielt Staffler nach der Kommissionierung seines Projekts im Juni 1905 von der Bezirkshauptmannschaft Bozen die Genehmigung zum Bau eines Drahtseilaufzugs für Materialtransporte unter Ausschluss der Personenbeförderung. Am 11. Mai 1906 wurde die Seilbahn kollaudiert. Den Antrieb besorgte ein 45 PS starker Elektromotor, der an der Talstation (etwas oberhalb der heutigen) eingebaut war. In der Zwischenzeit hatten die zuständigen Behörden ihr "Nein" zum Personenverkehr überdacht. Der unfallfreie Betrieb aller Bozner Bergbahnen hatte den Befürwortern einer Personenseilbahn Aufwind gegeben.

Die Bezirkshauptmannschaft Bozen formulierte nun die vorläufig provisorischen Zulassungsbestimmungen. So sollten die bestehenden Seilbahnstützen der Materialseilbahn verstärkt und als Sicherheitsvorkehrung eine Fangvorrichtung eingebaut werden. Mit dem Umbau der Materialseilbahn wurde die Simmeringer Maschinen- und Waggonbau-Fabrik in Wien beauftragt. Von den 16 Holzstützen wurden sechs durch eiserne ersetzt, die übrigen verstärkt.

Die Fangvorrichtung bestand in einem zweiten Zugseil, das unbelastet mitlief und die Gondel bei einem allfälligen Zugseilriss halten sollte. Am Peter-und-Pauls- Fest 1908 war es endlich so weit: Josef Staffler konnte die erste offiziell für den Personenverkehr zugelassene Bergschwebebahn der Welt in Betrieb nehmen. Einen Monat später wurde der Wetterhornaufzug in Grindelwald in der Schweiz eröffnet.