... Schritt und Tritt. Der Kohlerer Berg war schon immer ein ganz besonderer Ort. Bis in die 70er Jahre war die gleichnamige Siedlung oberhalb von Bozen nur mit der Gondel zu erreichen. Vielleicht liegt es an seiner Abgeschiedenheit, dass so viele Sagen und Mythen um den Hausberg der Bozner entstanden sind. Der wahre Kern vieler dieser Geschichten wird von den rätselhaften Funden aus vergangenen Zeiten ebenso belegt, wie von der wechselhaften Geschichte dieses BesondersOrtes.
Der Gasthof Kohlern
Lange bevor der Hotel Gasthof Kohlern Menschen von Nah und Fern auf den Berg lockte, war die Anhöhe bewohnt. Zwar war der Bozner Talkessel ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt, doch das Bozner Becken war bis ins Mittelalter von weitläufigen Sumpfgebieten geprägt und kaum besiedelbar. Es verwundert daher nicht, dass es die Bewohner der Gegend in die höheren Lagen zog. Schon in frühgeschichtlicher Zeit entstanden auf der Anhöhe Siedlungen rätischer Stämme, geschützt von mächtigen Ringwällen. Davon zeugen heute noch die rätselhaften Überbleibsel vergangener Siedlungen, die Anziehungspunkt für Besucher und Gäste sind.
Der Wunderblick der alten Römer
Der Kohlern bot seinen Bewohnern gleich mehrere Vorteile: Sicher vor den Launen des Flusses und den Hochwassern, waren die Siedler durch die erhöhte Lage und die steilen Hänge, auch vor anderen Menschen geschützt. Von hier oben aus ließ sich das Tal recht gut überblicken und nahende Gefahren waren schon von weitem zu erkennen. Der berühmte Wunderblick, den der Kohlern bietet, hatte deshalb lange Zeit einen mehr als nur ästhetischen Wert. Manch einer will vom zweiten Aussichtsturmes am Titschen, der nach dem 2. Weltkrieg nicht mehr wiedererrichtet wurde, an einem schönen Tag und mit freiem Auge bis ins ferne Venedig gesehen haben. Josef Schrott, der Betreiber des Hotels Kohlern, meint hierzu aber, dass es sich wohl eher um eine moderne Legende handelt. Doch auch, wenn die Aussicht vielleicht nicht ganz bis Venedig reicht, so ist sie allemal überwältigend. So weit das Auge reicht erstrecken sich weitläufige Obst- und Weingärten umrahmt vom Gold und Grün der fruchtbaren Felder und Weiden.
Ein Kern Wahrheit steckt in jeder Legende
Das Unbekannte fasziniert den Menschen seit jeher und muss auch erklärt werden. So konnten Gerüchte, Naturphänomene und Funde aus längst vergessenen Zeiten schnell eine mythische oder religiöse Verklärung bekommen. Ein Beispiel hierfür ist die Sage vom
Untergang von Alt Rentsch. Vor vielen Jahren soll dort, wo sich heute der Stadtteil Rentsch an den Fuß des Kohlerer Berges schmiegt, ein reiches und hochmütiges Volk gelebt haben. Der Weinanbau hatte sie wohlhabend gemacht. Sie aber frevelten gegen Gott und die Natur. Zur Strafe wurde ihr Dorf vom Fluss hinfort gespült und von den Felsen der umliegenden Berge begraben. Einzig die Kirchturmspitze soll man noch am Grund des Stadtbrunnens sehen können. Tatsächlich ist der Raum um Bozen und besonders der Berg Kohlern reich an Überresten aufgelassener Siedlungen. Denn hier, wo schon seit Jahrtausenden Menschen und Mächte aufeinandertreffen, wo Räter, Römer und Germanen lebten und Grafen, Äbte und Bischöfe um die Vorherrschaft über den strategisch wichtigen Talkessel kämpften, entstand mit der Zeit ein reichhaltiger Sagenschatz.
Heute wie damals ein BesondersOrt
Der Name Kohlern kommt von Kohle. Denn anders als im Tal, wo Händler und Bauern lebten, wohnten hier die Köhler. Die Köhler waren harte Gesellen, die Bäume fällten, um aus dem Holz Kohle und Baumteer zu gewinnen. Der Name sollte die Köhler überleben, denn ihr Leben war hart, entbehrungsreich und nicht von langen Lebensjahren geziert. Wer zum Arbeiten zu jung war, ging in den Wald um Pilze, Wurzeln und Beeren zu sammeln. Hier setzt auch die Sage vom Riesen Titsch an. Er war ein gutmütiger Riese, der
der Legende nach am Berg Titschen oberhalb von Kohlern gelebt haben soll. Eines Tages verliefen sich besonders arme Kinder beim Beerensammeln im Wald. Der Riese fand sie in ihrer Not und obwohl sie ihn fürchteten, erbarmte er sich und führte sie sicher aus dem Wald heraus. Zum Abschied schenkte er ihnen noch riesige Früchte und Beeren, sodass sie nie mehr hungern mussten. Ob die Landwirtschaft auf dem Kohlerer Berg tatsächlich so entstanden ist, lässt sich nicht beweisen, aber Tatsache ist, dass dort, wo heute die Weiler Bauern- und Herrenkohlern stehen, im Hochmittelalter bereits die ersten Bauernhöfe entstanden sind.
Das heutige Kohlern und sein gleichnamiger Gasthof
Damals ahnte wohl noch niemand, dass heute eine wunderliche Seilbahn nach Kohlern zu einem eleganten Hotel fahren würde. Mit seinen schönen, hellen Zimmern und den erlesenen Speisen müsste es den Köhlern von damals wohl wie ein zauberhaftes Schloss vorkommen. Irgendwie ist es das ja auch, wenn wie zu Sissis Zeiten Urlaubsgäste stilecht mit der Gondel zum Gasthof Kohlern fahren, um die Abgeschiedenheit, die Ruhe und den zauberhaften Ausblick zu genießen. Und noch immer behauptet so mancher, vom Aussichtsturm aus Venedig erblickt zu haben. Aber das ist eine andere Geschichte…